Wie alles begann

 

 

 

 

 

 

Schon bei der Beisetzung meines Mannes konnte ich spüren, was Energiearbeit bedeutet. Eine gute Freundin saß in der Kapelle hinter mir und schickte mir positive Energie, so dass ich eine recht gut gelaunte Witwe war. Zumindest an diesem Tag ging es mir relativ gut.

Später erzählte meine Freundin mir, dass sie Verstorbene ins Licht begleitet, und wenn ich möchte, würde sie das auch mit meinem Mann tun. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, was sie genau meinte, aber ich willigte ein.

Als der Alltag bei uns wieder Einzug hielt und alles mehr oder weniger seinen geregelten Gang ging, stellte ich fest, dass ich, sobald ich zuhause das Licht über dem Esstisch anmachte, die Glühbirnen durchbrannten. Meine Freundin erklärte mir dazu: „Dein Mann ist noch hier und versucht mit Dir Kontakt aufzunehmen. Er ist so schnell gestorben, dass er nicht mitbekommen hat, dass er nur noch Seele ist. Er wundert sich, dass Du nicht mit ihm sprichst. Wir sollten ihm nun helfen, über die Brücke zu gehen.“

Und das taten wir gemeinsam. In einer Meditation trafen wir ihn in Gedanken. Wir haben ihm erzählt, was passiert ist und fragten ihn, wo er hingehen möchte. Er liebte immer das Meer, den Strand und das Segeln. Ich begleitete ihn also zu einem schönen weißen Sandstrand. Dort haben wir darüber gesprochen, was wir machen können, damit ich ihn nicht ganz verliere. So entstand die Idee eines Ankers. Immer wenn ich auf meiner linken Brust einen leichten Druck verspüre, wäre er es, der mich berührt und mich wissen ließe, dass er bei mir ist.

In der nächsten Zeit spürte ich diesen Druck häufiger, zart wie ein Windhauch, und war getröstet.

Eines Tages aber wurde aus dem Windhauch ein starker Druck, und ich frage mich, was ist bloß los? Einen Augenblick später höre ich es hinter mir knistern. Ich drehe mich um und schaue in mein brennendes Kerzengesteck.

Nach dem Schreck muss ich erstmal an die frische Luft, durchatmen. Die Finger verbrannt und nun verbunden, Schwiegermutter Giselas Tischläufer im Müll entsorgt, gehe ich über den Friedhof zu den Linden. Die ganzes Zeit des Weges denke ich, was wäre passiert, wenn ich das Feuer nicht rechtzeitig bemerkt hätte? Wieso habe ich das Zeichen nicht so ernst genommen? Ich hatte geglaubt, ich bilde es mir nur ein.

Wollte er mich warnen? Ist er es gewesen, war es ein Zeichen von ihm? Bin mir immer noch nicht sicher. Grübelnd gehe ich über die nasse Wiese zum Lindenbaum. Meine Oma sagte immer, die Linde sei ein Baum der Liebe. Warum fällt mir das jetzt gerade ein? Es zieht mich magisch zu der Linde. Sie steht dort auf der Wiese, stark und geerdet, eben wie ein Baum.

Ich stehe vor ihr, bewundere die kräftigen Wurzeln und entdecke auf dem Knick der ersten Wurzel ein Goldlackblatt. Verwundert hebe ich es auf und betrachte es von beiden Seiten. Auf der vorderen Seite steht ein Satz geschrieben: „Ich sehe Dich“.

 

Ich bin erschrocken, aber auch erleichtert. Denn jetzt weiß ich, ich bin beschützt!

Text: Gabriele Mestemacher

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