Was macht die Rollstuhl-Oma im dunklen Badezimmer?

Willi Piechorowski

Unser Umzugsexperte Willy Piechorowski von der Bielefelder Umzugsgesellschaft L.P. GmbH (Oldentrup) hat sich ein ebenso witzig geschriebenes wie mit professionellen Tips gespicktes Buch eines Umzugsprofis vorgenommen und schreibt darüber: Professionelle Umzugshelfer und Möbelpacker sind in ihrem Beruf oft großen Belastungen ausgesetzt. Und damit sind nicht nur die schweren Möbel und Kartons gemeint. In seinem Buch „Das Klavier in den fünften Stock, bitte!„* berichtet der langjährige Möbelpacker Karsten Wollny von teils absurden, meistens witzigen, aber manchmal auch bizarren Vorkommnissen, die er in den Wohnungen seiner Kunden erleben musste. Was zum Beispiel hat die Oma im Rollstuhl bloß im dunklen Badezimmer verloren?

Umziehen ist anstrengend, nervenaufreibend und oft geht auch noch etwas kaputt – beim Ein- und Auspacken des ganzen Hausrats oder auch beim Schleppen der Möbel durch das verwinkelte Treppenhaus. Wer seine Nerven schonen will, engagiert darum oft professionelle Helfer für den Umzug. Einer dieser Profis ist Karsten Wollny, seit 20 Jahren im Möbelpacker-Geschäft und damit ein alter Hase. Breites Kreuz, große Arbeiterhände, denen man ansieht, dass sie zupacken können und langes, zum Pferdeschwanz gebundenes Haar: Dem 47-Jährigen nimmt man sofort ab, dass er in der Lage ist, Waschmaschinen, Massivholzmöbel und – ja – auch Klaviere durch Deutschlands Treppenhäuser zu wuchten.

Und genau das macht Wollnys Buch und die darin enthaltenen Anekdoten so lesenswert. Man nimmt Wollny jederzeit ab, dass er tatsächlich eigene Erlebnisse wiedergibt, wenn er anschaulich beschreibt, wie sich ein Ehemann, der offenbar gerade von seiner Gattin verlassen wird, hysterisch an das Sofa klammert, das Wollny und seine Kollegen nach unten zum Transporter bringen sollen. Und was war das eigenartigste Erlebnis in seiner Möbelpacker-Laufbahn? „Es gibt viele unvergessliche Umzugs-Erlebnisse“, kramt der frischgebackene Autor in seinen Erinnerungen. Man sieht ihm an, wie er verschiedene skurrile Erlebnisse gedanklich abwägt, bevor er sich schließlich auf eines festlegt. „Am verstörendsten war wohl die Großmutter, die während des Umzugs mit ihrem Rollstuhl im dunklen Badezimmer geparkt wurde. Das war extrem seltsam“, erinnert sich Wollny.

Die Rollstuhl-Oma im Badezimmer ist nur eines von vielen Erlebnissen, über die Wollny berichtet. Ein anderes Mal wären er und seine Kollegen wegen ihrer Arbeit fast im Ge- fängnis gelandet: Ein Hauswirt hatte den Umzugshelfern die falsche Tür geöffnet. Als der Besitzer abends nach Hause kam und sah, dass mehrere Männer seinen kompletten Hausrat aus der Wohnung schaffen, verständigte dieser umgehend die Polizei. Nur mit Mühe konnten Wollny und die anderen Möbelpacker die Situation aufklären und so dem Knast entgehen.

Doch Wollny geht es in seinem Buch um mehr, als nur um die Belustigung seiner Leser. Jahrelang musste er die Frechheiten von Kunden ertragen, die glaubten, mit ihrer Bezahlung hätten sie sich Leibeigene gekauft und nicht nur professionelle Helfer für den Umzug. Deshalb ist es ihm ein besonderes Anliegen, seine Leser dafür zu sensibilisieren, dass auch die muskulösen Malocher Menschen aus Fleisch und Blut sind. „Das Leben ist am einfachsten, wenn sich alle benehmen – und dazu gehört auch, dass der Kunde dem Möbelpacker, der sich für ihn krumm arbeitet, mit Respekt begegnet“, führt der Autor aus. „Wer nicht in der Lage ist, den schwer Malochenden an einem heißen Sommertag ein bis zwei Kisten Wasser hinzustellen, der hat etwas ganz Wesentliches nicht begriffen.“ Und so ist es wohl auch als Apell an alle potenzielle Kunden zu verstehen, wenn Wollny seinen Lesern zehn Tipps für den Umzug mit Möbelpackern an die Hand gibt.

Hier seine „10 Umzugstipps“:

1. BLEIBEN SIE GELASSEN!
Treiben Sie die Möbelpacker nicht zur Eile an, denn dann bekommen diese schlechte Laune und arbeiten vielleicht auch nicht mit voller Aufmerksamkeit. Bedenken Sie, dass die Leute diesen Job jeden Tag machen. Da muss man die Ruhe bewahren. Außerdem sieht es meist nur am Anfang so aus, als würde alles viel zu lange dauern.

2. PACKEN SIE DIE KAFFEEMASCHINE ERST ZUM SCHLUSS EIN!
Sie sind natürlich von Vertrags wegen zu nichts verpflichtet, aber gut gelaunte Möbelpacker, die sich respektiert fühlen und einen Kaffee angeboten bekommen, arbeiten meiner Erfahrung nach am besten, erklärt Möbelpacker Wollny. Auch ein kleines Frühstück kann da helfen.

3. GEBEN SIE TRINKGELD, WENN DIE MÖBELPACKER IHRE ZAHLREICHEN EXTRAWÜNSCHE ERFÜLLT HABEN!
Im Kostenvoranschlag wird der Preis für den Transport berechnet. Das heißt zum Beispiel, dass ein Sofa aus dem Wohnzimmer der alten Wohnung herausgetragen und aufgeladen wird, und dann in der neuen Wohnung ins neue Wohnzimmer gestellt wird. Es heißt nicht, dass die Möbelpacker das Sofa in der neuen Wohnung noch dreimal in eine andere Ecke stellen, damit Sie sehen können, wo es am besten steht. Das ist eine Extraleistung.

4. BESORGEN SIE SICH ANSTÄNDIGE UMZUGSKARTONS!
Der billige Kram aus dem Baumarkt geht meistens schon beim Aufladen kaputt und lässt sich auf dem Lkw nicht stapeln. Das bereitet Ihnen und den Möbelpackern schlechte Laune. Richtige Umzugskartons können Sie nach dem Umzug wie Pfandflaschen zurückgeben, sofern sie noch intakt sind.

5. SCHAUEN SIE DEN MÖBELPACKERN NICHT
STÄNDIG ÜBER DIE SCHULTER!

Es nervt extrem, wenn bei der Arbeit immer einer direkt neben einem steht und einem auf die Finger guckt – egal bei welchem Job. Man kann seinen Umzug auch unauffällig im Auge behalten.

6. DREHEN SIE NICHT GLEICH DURCH, WENN AM ERSTEN
TRANSPORTIERTEN MÖBELSTÜCK EIN SCHADEN ENTSTEHT!

Natürlich macht es keinen guten Eindruck, wenn so ein Missgeschick schon am Anfang passiert, aber es passiert eben mal. Bedenken Sie, dass der Möbelpacker vielleicht monatelang hunderte von Möbeln getragen hat, an die kein Kratzer kam. Machen Sie sich also keine Sorgen, dass es den ganzen Tag so weitergeht.

7 ÜBERPACKEN SIE IHRE KARTONS BITTE NICHT!
Es macht keinen Sinn, Ihre komplette Sammlung auf dünnem Hochglanzpapier gedruckter Kunstzeitschriften in einen einzigen Karton zu packen. Ja, es stimmt, Möbelpacker machen viel mit Technik, aber auch die beste Technik kann aus einem Zentner keine zwanzig Kilo machen. Testen Sie beim Packen ab und zu das Gewicht Ihrer Kartons, die Möbelpacker werden es Ihnen danken beziehungsweise Sie nicht verfluchen.

8. SEIEN SIE DABEI UND HALTEN SIE SICH BEREIT!
Sie können Lagepläne anfertigen, so viele Sie wollen, es wird immer Fragen geben, wo etwas hin soll. Die Möbelpacker brauchen Sie, es sei denn, es ist Ihnen egal, wo Ihre Sachen landen. Sie sind der Dirigent, Sie wissen, wie das Ganze am Ende aussehen soll.

9. VERSUCHEN SIE NICHT, UNGEAHNTE KRÄFTE ZU
ENTWICKELN, UM SCHWERE MÖBEL SELBST ZU SCHLEPPEN!

Auch wenn Ihre Frau gerade die Stärke der Möbelpacker bewundert hat – das ist meistens nicht nur peinlich, sondern kann auch schmerzhaft enden.

10. SEIEN SIE NICHT ÜBERTRIEBEN PINGELIG!
Dazu eine kleiner Witz: Eine Familie zieht in eine frisch renovierte Wohnung. Die Möbelpacker geben sich die beste Mühe, legen Fußbodenschoner auf dem Parkett aus und sind überhaupt sehr vorsichtig. Am Ende gibt es dann doch einen Kratzer auf dem Parkett in der Lücke zwischen Wand und Kleiderschrank. Ganz klar, das ist ein Fall für die Versicherung. Der Witz dabei? Die Familie hat ein vierjähriges, ein sechsjähriges, ein siebenjähriges und ein neunjähriges Kind. Überlegen Sie, wie Ihre Wohnung in drei Monaten aussehen wird, wenn die Kinder sich immer wieder ausgetobt haben (falls sie Ihren Kindern nicht täglich Sedativa ins Essen mischen wollen), und verlieren Sie nicht gleich die Nerven, wenn mal ein kleiner Schaden entsteht.

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