Stephanie Müller-Kok: Durch die Hölle zurück ins Leben

– Warum meine Depressionen meine größten Geschenke waren –

Stephanie Müller-Kok

 

Moin. Ich bin Steffi, Jahrgang 68, Ostwestfälin und bin im Laufe meines bisherigen Lebens – so wie ihr sicher auch – durch lebenstypische Hochs und Tiefs gereist. Die ‚Highlights‘ dabei waren die achterbahnähnlichen Phasen, geprägt von vielen Jahren, in denen ich immer wieder mit Depressionen gekämpft habe.

Meine drei inzwischen erwachsenen Kinder waren zu jeder Zeit meine größten Lehrmeister. Wofür ich ihnen von Herzen dankbar bin. Wir haben gemeinsam viele Stürme erlebt, die Wellen schlugen über uns zusammen. Unser Familienschiff drohte oftmals zu kentern, und dennoch haben wir es immer gemeinsam geschafft, den sicheren Hafen wieder zu erreichen.

Als relevante Ausbildung zu meiner heutigen beruflichen Tätigkeit und meinem Wirken habe ich im Juni 2017 meine Ausbildung zur Ex-In-Genesungsbegleiterin abgeschlossen. Ausführlich nennt sich das „Expertin durch Erfahrung in der Gesundheitsversorgung“.

Meine Intention zur Veröffentlichung meiner Lebensgeschichte ist es, Menschen Mut zu machen. Mut, immer wieder neu anzufangen, egal wie das Leben so spielt. Gerne möchte ich euch hier ein Stück mit auf meinen Weg nehmen.

Wie alles begann, wir starten mal in 2006:

In Jahr 2006 hatte ich mich selbstständig gemacht, lief gut an, alles top. Dann Anfang 2007 der Knock-Out. Nichts ging mehr. Depression – und die hielt mich fest gefangen. Meine Selbständigkeit musste ich wegen meiner Erkrankung aufgeben. All das brachte mich an den Rand meiner Existenz, psychisch, physisch und finanziell. Berentung aufgrund meiner Erwerbsunfähigkeit folgte, und als ob das noch nicht genug war, musste ich in die Privatinsolvenz gehen, da ich das Gründungsdarlehen aus meiner Selbstständigkeit nicht mehr bedienen konnte.

In den folgenden Jahren hatte ich fast alles verloren, was mir lieb und heilig war, und all das, um zu erkennen, wie reich ich doch war.

Die Jahre waren geprägt von verschiedenen Therapien und Klinikaufenthalten. Drama pur. Die Depressionen waren begleitet von starken Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen, mein Gedächtnis ließ mich oft im Stich. So muss sich Demenz anfühlen, dachte ich mir.

Auch das Erleben von Orientierungslosigkeit und der Verlust von Alltagskompetenzen blieben mir nicht erspart. All das habe ich auf der bewussten Ebene wahrnehmen können, was dazu führte, dass sich Angst und Panik breitmachten. Ich fühlte mich wie eine Ertrinkende – hilflos und ausgeliefert. (Anmerkung: diese „Begleiterscheinungen“ verschwanden nach und nach)

Es wurde ein Hilfenetz gespannt. Flankierende Maßnahmen installiert, um meinen Alltag irgendwie am Laufen zu halten, mit dem Ziel, sukzessive das Leben wieder selbst gestalten zu können. Familiär lief es überhaupt nicht rund und flockig. Mit einer psychischen Erkrankung drei Kinder groß zu ziehen und ins Erwachsenwerden zu begleiten, brachte mich zusätzlich immer wieder an meine Grenzen. Auch die Gestaltung der Partnerschaft stellte sich als eine besondere Herausforderung dar. Wir konnten sie nicht meistern und es folgte die Trennung.

Aufgrund der veränderten Lebenssituation wurde das vertraute Zuhause – ländlich gelegen und mit unseren Tieren auf dem Hof – für mich nicht mehr händelbar. Zu groß, zu teuer, zu pflegeintensiv. Next step: LOSLASSEN. Ballast abwerfen. Klarheit, Struktur und Leichtigkeit schaffen, um das Leben wieder selbst meistern zu können.

Sehr emotionale Entscheidung, die längere Zeit zum Reifen und Umsetzen brauchte.

Immer wieder dieser Gedanke:

Ich habe grad mal die Hälfte meiner zu erwarteten Lebenszeit rum, sollte es so weitergehen?

Also traf ich eine wichtige Entscheidung für mich, denn ich wollte endlich mal (wieder) die Sonnenseite des Lebens erleben oder wie man so schön sagt: Die Sonne soll mir aus dem Allerwertesten scheinen 😉

Schöne, große Wünsche, so ganz traute ich mir selbst dabei noch nicht über den Weg…

Der erste Schritt dahin bedeutete die Annahme meiner (wiederkehrenden) Depression. Annahme meiner Lebenssituation, mit allem was sich zeigte. Ich habe mich viel mit Persönlichkeitsentwicklung, positiver Lebensgestaltung etc. pp. beschäftigt. Theoretisch wusste ich also wie es gehen könnte, nur praktisch fühlte ich dieses superduper Lebensgefühl überhaupt nicht. Es brauchte noch eine ganze Weile, bis ich die für mich passende Rezeptur gefunden hatte. Puh, das war gar nicht so leicht, musste ich doch erst die vielen einzelnen Zutaten entdecken. Eine Patentlösung gibt es da leider nicht, und hätte mir jemand empfohlen: „Steffi, schmier dir schwarze Schuhcreme ins Gesicht, dann verschwindet die Depression…“ yepp, dann hätte ich es sehr wahrscheinlich gemacht. Lach. Denn wenn die Verzweiflung riesig ist, klammerst du dich an jeden Strohhalm, um dieser Situation zu entkommen.

Vieles war aus meinem Leben weggebrochen, Freundschaften, soziale Kontakte, Hobbys, Dinge die mich erfüllten…es war einfach nichts mehr da. Ich musste erst wieder lernen, wie „Leben geht“, was Leben bedeutet. Also fing ich an, mir mein Leben in kleinen Schritten wieder neu aufzubauen. Es kamen Line Dance und der Gospelchor in mein Leben, auch die Ex-In Ausbildung war ein neuer wichtiger Lebensbaustein. Mein soziales Netzwerk baute sich nach und nach auf und ich fand wieder einen, nämlich meinen, Platz in der Gesellschaft. Ein neues Lebensgefühl entstand, ich fühlte mich nicht mehr unnütz. Und so langsam ergab das Ganze einen Sinn.

Es folgten weitere Auf und Abs. Ich war noch nicht fertig mit den Depressionen oder sie mit mir – wie man’s nimmt. Jedenfalls führte eine erneute Talfahrt zur Unterbrechung meiner Ausbildung. Was für eine Katastrophe – all meine Hoffnungen und Träume waren zerstört. Ich fühlte mich mies, unfähig, etwas zu Ende zu bringen. Denn wieder warf mir die Depression „Stöckchen“ zwischen die Beine.

Nachdem ich mich wieder etwas erholt hatte, kam es im Sommer 2015 nochmal zu einem massiven Einbruch. Dieser war begleitet von Gedanken der Ausweglosigkeit. Ich bekam Angst vor mir selber. Angst, mir aus dem Affekt heraus was anzutun und den daraus resultierenden Konsequenzen, insbesondere im Hinblick auf meine Kinder.

Ich entschloss mich zu einer stationären Behandlung in einer Fachklinik.

///Angemerkt sei an dieser Stelle, dass ich mich schon vor längerer Zeit gegen eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva entschieden habe, da ich bemerkte, dass sie für mich nicht förderlich sind. Meine Einstellung dazu wurde zu einer weiteren Herausforderung im Klinikalltag – man könnte auch sagen, in dem Bereich war ich non-compliant, wie es in der Fachsprache heißt. 😉 Mein persönlicher Vorteil in dem Moment war, dass ich aufgrund meines Wissens aus der Ausbildung zur Genesungsbegleiterin meine eigene Fürsprecherin sein konnte. ///

Während dieser Klinikzeit sprach ich oft mit Gott oder Papa, wie ich ihn nenne. Oftmals, ohne eine Antwort zu bekommen, doch irgendwann hörte ich diese Stimme in mir:

„Steffi, du kannst noch nicht gehen. Du hast hier noch was zu erledigen. Du hast einen Auftrag.“

„Pah, ´nen Auftrag! Was denn für einen?! Ich bin verzweifelt, wieder mal am Ende, leide Höllenschmerzen, innen und außen, alles ist so sinnentleert. Und du erzählst mir was von einem Auftrag und dass ich noch gebraucht würde? Für was denn, bitteschön? Es fühlt sich so scheiße an, für alle Welt eine Last zu sein, die Liebsten leiden mit, weil sie hilflos sind!“

Bei einem erneuten Gespräch ein paar Tage später gab ich mein Versprechen:

„Papa, verzeih bitte, ich bin am Verzweifeln und hadere mit allem. Ich habe eine Bitte an dich. Hilf mir nur noch dieses eine Mal raus. Wenn ich es schaffe, dann werde ich mein Leben in den Dienst der Menschen stellen und dienen. In Liebe und aus tiefstem Herzen. Ich werde meine unterbrochene Ausbildung wieder aufnehmen und auch beenden.“

 

Gestärkt und hoffnungsvoll, jedoch auch mit gemischten Gefühlen der Unsicherheit kam ich im Herbst wieder Zuhause an. Im Frühjahr 2016 startete ich erneut meine Ex-In-Ausbildung, absolvierte die noch fehlenden Module, Praktika und schrieb mein Portfolio, die Zertifizierung erfolgte im Juni 2017. Nach 4 Jahren und einigen Stolpersteinen hatte ich es endlich geschafft!

In den folgenden Monaten ergaben sich viele Situationen, herausfordernde Momente, begleitet von Ängsten und Unsicherheit. Ich konnte weglaufen oder mich dem stellen. Mein Mutmacher: „What if“. Mit jedem Gelingen wurde ich selbstsicherer, was mir ermöglichte, Stück für Stück auf alte Kompetenzen und Ressourcen zurückzugreifen und dabei sogar neue Schätze in mir zu entdecken. Ich verließ bzw. verlasse weiterhin bewusst meine Komfortzone, um mich auszuprobieren.

Denn hej, du weißt nicht, wo deine Grenzen sind! 😉

 „Tue etwas, was aus deinem Herzen kommt, wo Geld verdienen nicht dein innerer Antreiber ist. Das ist das, was dich und deine Seele nährt.“

In 2017 ging´s so richtig los. Meine Herzensprojekte kamen in mein Leben.

Im Februar 2017 erfolgte mit Freunden die Gründung des Vereins Kinder für Weltfrieden e. V. – Kids for Worldpeace. –  Ich wurde als 2. Vorsitzende vorgeschlagen…Himmel, sowas hab‘ ich vorher noch nie gemacht 😉

Gestärkt durch die vielen positiven Erlebnisse, welche mich innerlich haben wachsen lassen, wurde ich immer mutiger und traute mich auch an weitere, für mich bis dahin unmöglich erschienene Aufgaben heran. Ich entdeckte Facebook Live-Audio als neues Spielfeld und entwickelte mein eigenes Radio-Format daraus, in welchem alle Themen des Lebens beschnackt werden – selbst vor Tabus scheue ich mich mittlerweile nicht mehr. KlönSchnack mit Steffi war geboren.

https://www.facebook.com/KloenSchnackmitSteffi/

All das hat mich zur Impulsgeberin, Weberin, HerzenswegBegleiterin werden lassen. Was als langer Krankheits- und Leidensweg begann, zeigt sich nun als wahres Glück.

Meine Motivation, andere Menschen auf ihrem persönlichen Lebensweg zu begleiten, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich begleite durch Stürme und Krisen des Lebens, egal ob beruflich oder persönlich. Auch bringe ich Licht ins Dunkel von Gedanken und Plänen, nicht umsonst ist der fest verankerte Leuchtturm mein Lieblingssymbol und gemeinsam schieben wir den Nebel beiseite, entwickeln einen klaren Blick auf die nächsten, vielleicht noch verborgenen Schritte.

Im November 2017 brauchte es nochmals Mut – ich entschied mich für die Selbstständigkeit, um die Rahmenbedingungen für meine Tätigkeit gestalten zu können.

Mein neues Baby „com.pass.ion by Steffi“ erblickte das Licht der Welt.

https://www.facebook.com/com.pass.ion.by.mueller.kok/

Der Kompass als Orientierungshilfe (in meinem Logo nicht „eingenordet“, da Lebenswege selten nur geradeaus führen), die Passion für die Leidenschaft und das Herzblut für mein Tun. Die beiden Worte zusammen ergeben compassion = Mitgefühl, Empathie. Essentiell in meiner Arbeit.

Begleitet von meiner Tochter, Grafikdesignerin, begann der Markenaufbau und es entstand sogar eine eigene Produktlinie – die com.pass.ion-Schmuckkollektion.

Die persönliche Begleitung erfolgt face-to-face, via skype oder auch telefonisch.

Seit Januar 2017 bin ich symptomfrei. Wenn mir jemand all das vor 10 Jahren vorhergesagt hätte…ich hätte es nicht für möglich gehalten.

Für alle Krisen bin ich dankbar. Sie haben mich gestärkt, meine Resilienz gefördert und mich zu dem Menschen werden lassen, der ich heute bin. Ich durfte lernen, wieder zu vertrauen, mir zu vertrauen, Gott zu vertrauen. Denn ich falle nie tiefer als in Gottes Hand.

Bitte fangt nie an aufzuhören und hört nie auf anzufangen, glaubt an euch, denn ihr bekommt nur die Aufgaben im Leben, die ihr lösen könnt. ~ Marcus Tillius Cicero ~

Eure Steffi

Stand März 2018

Fortsetzung folgt…es bleibt spannend, wie sich die folgenden Monate entwickelt haben, und was alles in meinem Leben Einzug gehalten hat.

 

Meine Erreichbarkeit
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